Padua: Revolution in Ultramarin
Zum Glück gibt es in Padua genug Orte, die zum Erholen und Entspannen einladen: Das Café Pedrocchi beispielsweise. Auf den ersten Blick: Ein monumentaler Bau, auf einem Sockel über dem Straßenniveau errichtet. Der architektonische Neo-Klassizismus wirkt damit noch beeindruckender. Es ist kein Zufall, dass das Gebäude mit seinen Säulen an einen Tempel erinnert. Antonio Pedrocchi eröffnete 1831 den „Tempel des Genusses“, zu dem jeder, ob arm oder reich, Zutritt haben sollte. Im Erdgeschoss befinden sich drei große Säle, nach den Farben Italiens grün, rot und weiß gestaltet. Im roten Saal der „Altar des Kaffees“, eine Bar, die sich in einer Nische, von zwei Marmorsäulen getragen, nach hinten wölbt. Hier wird auch die Spezialität von Pedrocchi zubereitet: Caffé mit einer Schicht aus hellgrünem Minz Schaum: Umrühren nicht empfohlen.
Auch heute ist das Pedrocchi eine Ikone Paduas. Aber der Zeitgeist hat Einzug gehalten: Statt des flackernden Kamifeuers im grünen Salon flimmert jetzt ein Display mit elektronischen Flammen. Wohlwollend könnte man das auch als ironisches Zitat verstehen. Statt entspannten Zeitungslesern bevölkern jetzt Business People und amerikanische Reisegruppen die historischen Räume. Aber ich muss zugeben: Mit Kaffee allein kann heute kein Café überleben.
UNTER DEM SALON

Fast ein Geheimtipp für Besucher ist der Sotto il Salone. Das sind zwei Gänge im Erdgeschoss des prächtigen Palazzo della Ragione, die eine Art Markthalle bilden, die seit rund 800 Jahren im historischen Zentrum der Stadt besteht. Ein Paradies für Feinschmecker und Liebhaber regionaler Spezialitäten. Etwa 50 Stände bieten überwiegend Lebensmittel an. In kleinen Bars kann man Focaccia, Panini, aber auch die aus Venedig berühmten Kleinigkeiten namens Cicchetti mit einem Glas Wein oder einem kalten Bier genießen.
Zum Reiz dieses Marktes gehört die Vielfalt: Es gibt nicht einfach Parma- und San Daniele-Schinken: Hier werden Schinken in unterschiedlichen Reifegraden und aus kleinen Regionen angeboten: Norcia, Langhirano, Veneto Berico, Sauris-Zahre. Dann kommt noch die große Zahl von Salami hinzu - darunter auch die in Österreich und Deutschland selten angebotenen Coralinna, Coglioni di Mulo oder die regionale Spezia lität Sopressa. Eine ähnliche Vielfalt beim Käse. Immer ein gutes Zeichen: Hier decken sich viele Einheimische für ihre Küche ein. Gemüse und Obst werden außerhalb des Sotto il Salone auf den beiden Plätzen Piazza della Frutta und Piazza delle Erbe verkauft. So nebenbei bemerkt: Im Sotto il Salone habe ich auch einen traditionsreichen Wermuth entdeckt: den würzigen, vielschichtigen Carpano.
DIE GEMALTE STADT

Zurück zum Weltkulturerbe. Padua wird auch „Urbs Picta“ genannt: Die gemalte Stadt. Der Titel bezieht sich auf eine überwältigende Fülle von Fresken in Kirchen und Palazzi. Sie erzählen dem Volk, das im 14. Jahrhundert nicht lesen und schreiben konnte, biblische Geschichten. Giotto gilt als der Meister, der die Scrovegni-Kapelle und den Palazzo della Ragione ausgestattet hat – die Fresken im Palazzo wurden allerdings durch ein Feuer zerstört.
Giotto steht für eine Zäsur in der europäischen Malerei: Er führte die Perspektive ein, lässt die Menschen Emotionen ausdrücken und stellt Räume und Menschen dreidimensional dar. Damit löst er die starre, zweidimensionale, schematische Malerei ab. Giotto ging geradezu verschwenderisch mit der Farbe Ultramarin-Blau um, dem kostbarsten Pigment der Kunstgeschichte, teurer als Gold. Mit diesem intensiven Blau wurden der Himmel ausgekleidet und die Kleidung von Maria und Jesus hervorgehoben. Giotto wird ein Wegbereiter der Renaissance und Padua ist der Schauplatz dieser Revolution.
KOMPAKT
SEHENSWERT
Kapelle Scrovegni: Das Meisterwerk Giottos, am besten meh rere Tage vor dem geplanten Besuch online reservieren.
Baptisterium: Fresken von Giusto de Menabuoi bedecken den gesamten Innenraum, sehr gute Audio-Guide-Führung
WOHNEN & ESSEN
Palazzo Carpe Diem am Prato della Valle, zwei sehr gute Restaurants in unmittelbarer Nähe: Memmo Bistro und Al Prato.
Frühstück in der Pasticceria Tombolato Chioggia: Ein malerischer Ort mit einem guten Fischmarkt, nur etwa 1 Stunde per Auto von Padua entfernt.
ANREISE
Mit dem Auto ab Wien ca. 7 Std. (610km), ab Salzburg ca. 5 Std. (470 km). Oder Flug Wien – Venedig, weiter mit Mietwagen.
DER AUTOR

Wilfried Kropp erstellt seine Reiserouten am liebsten rund um das Thema Genuss. Der ist bei ihm weitläufig definiert und reicht von Kulinarik bis hin zu Kunst aller Stilrichtungen. Naheliegend, dass es ihn immer wieder nach Italien zieht.







