Bonn & Brühl: Musik, Macht und Museen
"ZDF. Die 13 Uhr-Nachrichten. Aus Bonn.” Im sachlichen Ton gehalten, begann über viele Jahre die mittägliche Nachrichtensendung im Fernsehen. Etwa 50 Jahre lang war Bonn deutscher Regierungssitz, 40 Jahre Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland und somit das Politik- und Nachrichtenzentrum. Alle wichtigen Regierungsgebäude erstreckten sich entlang des Rheinufers. Nach dem Umzug des Parlaments und Teilen der Regierung 1999 nach Berlin befürchteten einige einen Niedergang der Stadt.
Der kam zum Glück nicht. Sechs Ministerien, UN-Organisationen, Universität, Fraunhofer- und Max-Planck-Institute, große Firmensitze wie Deutsche Telekom und DHL sind vor Ort geblieben bzw. mittlerweile hergezogen. Bonn hat sich zu einer Kultur-, Wissenschafts- und Wirtschaftsmetropole entwickelt, punktet mit Promenaden und Parks, Museen und Events. Und mit ganz viel Beethoven, um den man sich ein bisschen mit Wien streitet.
BEETHOVEN ALS SOCIAL MEDIA-STAR?

Geboren ist Ludwig van Beethoven 1770 in Bonn. Das Geburts- und Wohnhaus in der Altstadt ist mit Permanent- und Wechselausstellungen, Konzertsaal und Forschungszentrum eines der bedeutendsten Musikmuseen.
Gezeigt werden Musikinstrumente wie etwa sein letzter Hammerflügel, ein Instrument des Klavierbauers Conrad Graf in Wien, Alltagsgegenstände, Büsten, Bilder und Handschriften etc.
„Beethoven war ein großer Netzwerker. Er hatte viele Freunde und schrieb viele Briefe. Er wäre heute sicher in allen sozialen Medien vertreten”, sagt Heike van Well, die durchs Haus führt. Einblick in seinen Charakter gibt auch Malte Boecker, Direktor des Beethoven-Hauses: „Einmal wurde er als Star gefeiert, ein anderes Mal reagierte das Publikum verständnislos. Er wollte die Zuhörer herausfordern.”
„WEG MIT DEM ZUCKERGUSS“

Zurück zu den Großen der Politik. Die Villa Hammerschmidt, direkt am Rhein, ist seit 1995 Amtssitz des deutschen Bundespräsidenten. Staatsgäste, Politiker, Künstler und Vertreter verschiedenster Bereiche trafen nach dem Zweiten Weltkrieg hier zusammen. „Wenn der Bundespräsident da ist, wird die Standarte auf dem Dach des Gebäudes gehisst”, erklärt Guide Gabrielle Köller. Ist er nicht anwesend, stehen die Räumlichkeiten im Erdgeschoß und der Garten mit verschiedenen Bäumen, die als Naturdenkmäler gelten, Besuchern offen.
Erbaut wurde das an das Weiße Haus erinnernde, klassizistische Palais im Auftrag des Kaufmanns Albrecht Troost, der es 1868 an den russischen Zuckerfabrikanten Leopold Koenig verkaufte. Später ging es an den Industriellen Rudolf Hammerschmidt. Theodor Heuss war 1950 der erste Bundespräsident, der die Villa als Amts- und Wohnsitz nutzte. Er ließ die auffälligen Türmchen abbauen – „weg mit dem Zuckerguss”, hieß es.
Der spätere Bundespräsident Richard von Weizsäcker verlegte das Büro 1991 nach Berlin, die Villa blieb zumindest zweiter Amtssitz. Die Repräsentationsräume schmücken Leihgaben deutscher Museen und lokaler Künstler, u. a. Karl Otto Götz und Bernard Schultze, sowie geschmackvolle Möbel.
GROSSE GESCHICHTE…

Die Villa ist Teil einer Zeitreise, auf die man sich am spannenden „Weg der Demokratie” in Bonn mit über 60 Stationen begeben kann. Dazu gehören das Palais Schaumburg-Lippe, heute zweiter Dienstsitz des Bundeskanzlers, der Kanzlerbungalow, das Bundeshaus (Sitz des Bundesrats), der Bundestag (heute World Conference Center Bonn), das Konrad-Adenauer-Haus usw. Eine wichtige Funktion hatte einst auch das Museum Koenig, als Naturkundemuseum erbaut. Für eine Weile war der Parlamentarische Rat im Haus untergebracht. Konrad Adenauer, erster Kanzler nach dem Krieg, nutzte die Bibliothek als Büro.
Das Museum gehört nun zur Museumsmeile Bonn, wie auch die Bundeskunsthalle und das Kunstmuseum Bonn. Letzteres wurde 1992 von dem Berliner Architekten Axel Schultes entworfen. Mit den großen Fenstern und viel Licht sowie dem Meisterwerk einer Treppe, die an ein Amphitheater erinnert, wirkt es immer noch sehr modern.
Im Fokus stehen die rund 9.000 Werke umfassende Sammlung mit Arbeiten von August Macke und Kunst der Rheinischen Expressionisten sowie Kunst in Deutschland nach 1945. „Wir bringen sechs bis zehn Ausstellungen im Jahr”, erklärt Intendant Stefan Berger.
… UND VIEL GLAMOUR

Bescheidenheit gehörte nicht zu den Charakterzügen von Clemens August Maria Hyazinth aus dem Hause Wittelsbach, seines Zeichens Herzog von Bayern, Kurfürst des Heiligen Römischen Reiches sowie Erzbischof und Landesherr von Köln. Der regionale Leader liebte nicht nur die Macht, sondern auch den Prunk und die Jagd, war Kunstliebhaber und Mäzen. Daraus resultierte der Bau einiger Schlösser, wie etwa Schloss Augustusburg und das Jagdschloss Falkenlust in Brühl, die zusammen mit dem Schlossgarten im französischen Stil das UNESCO-Welterbe „Schlösser Brühl“ bilden.
Viel Glamour hat das Rokoko-Stiegenhaus im Sommerpalast Augustusburg nach dem Entwurf des Baumeisters Balthasar Neumann: ein Überfluss an Farben, Formen, Materialien und Stuck-Technik. Dass das Deckenfresko des lombardischen Künstlers Carlo Carlone von 1752 „Großmut und Großherzigkeit des Clemens August“ genannt wird, verwundert nicht.
Ein Spaziergang durch die verschiedenen Säle und Gemächer offenbart einen Bruchteil der kostspieligen Ausstattung: Gemälde, Tapeten, Wandteppiche, Öfen, Vitrinen mit feiner Keramik, Bibliothek, Wände mit Fliesen aus Rotterdam, aufwändige Möbel. „Kunst und Pracht war ihm ein Anliegen. Das teilte er auch gerne mit den Untertanen“, heißt es. Teilen im Sinne von Herzeigen: Von einer Galerie aus konnte man dem Fürsten und seiner Hofgesellschaft etwa beim Speisen zusehen. Über 40 Jahre lang, zwischen 1725 und 1768, wurde hier unter verschiedenen Baumeistern gebaut. Der Kurfürst erlebte die Fertigstellung nicht mehr, da er 1761 verstarb.
KOMPAKT
Bonn & Wege der Demokratie: www.bonn.de
Beethoven-Haus Bonn: www.beethoven.de
Schlösser Brühl: 300 Jahr-Jubiläum 2025, Führungen, Workshops und Picknicks, www.schlossbruehl.de
Der Besuch von Bonn erfolgte auf Einladung der DZT, germany.travel.
Der Text ist in reisetipps Nr. 34 im Print erschienen.