Thailand: Tanz im Dialog mit den Geistern

Rhythmisches Trommeln und ins Mark gehende Klänge des hölzernen Blasinstruments kündigen das Spektakel an. Gespannt scharen wir uns um die kleine, improvisierte Bühne unter dem schattenspendenden Baldachin...

Dann der Auftritt der ersten Figur: eine außerirdisch wirkende Kreatur, halb Mensch, halb Vogel, gekleidet in ein farbenfrohes Kostüm mit tausenden Perlen und goldener Krone - eine prachtvolle Erscheinung! Dem Rhythmus der Klänge folgend, windet sich der Tänzer in langsamen, geschmeidigen Bewegungen. Gebannt beobachten wir das exotische Schauspiel, den traditionellen Nora-Tanz.

Wir befinden uns in Phattalung, im tiefen Süden Thailands, Heimat des uralten Nora-Tanzes. Der Ursprung von Nora ist unklar, aber es wird seit gut fünf Jahrhunderten in den südlichen Provinzen und vor allem in den ländlichen Gegenden von Trang, Songkhla und Phattalung praktiziert. Es verbindet Gesang, Tanz und Geschichtenerzählen. Und seit der Nora-Tanz Ende 2021 von der UNESCO als immaterielles Weltkulturerbe anerkannt wurde, erfährt diese Tradition neue Impulse und zunehmend mehr Wertschätzung. Professionelle Kurse und Wettbewerbe werden veranstaltet, modernisierte Nora-Tanzformen als Touristenattraktion dargeboten. 

ANMUT & AKROBATIK  

Wir haben das Glück, einer traditionellen Vorführung beiwohnen zu dürfen, keine Touristenshow, sondern aus aktuellem Anlass: Ein Ehrengast ist zu Besuch, angeblich ein Nachkomme aus dem ehemaligen Königreich Nakhon Si Thammarat und großzügiger Spender des im Bau befindlichen Tempels nebenan. Mit der Privatvorführung soll dem Gönner Dank und Ehrerbietung gezollt werden. In rituellem Gesang werden die guten Geister angerufen und um Schutz und lange Gesundheit gebeten; die bösen Geister mögen sich gefälligst fernhalten. 

Bunte Masken der Clown-Figur  — Foto: Johannes Reinisch
Bunte Masken der Clown-Figur — Foto: Johannes Reinisch

Um die und mit der zentralen Hauptfigur vollführt die kleine Truppe eine synchrone Abfolge von harmonischen Bewegungen, die Füße gleiten über den Boden, sodass die Tänzer zu schweben scheinen. Besonders anmutig wirken ihre ständigen Handbewegungen mit den überlangen, gebogenen, metallischen Fingernägeln.

Dann der Solo-Auftritt einer halbnackten Figur mit roter Halbmaske, eine Art Clown. Ihre Rolle besteht darin, das Publikum mit Humor und komödiantischen Darbietungen zu unterhalten. Danach wird der Rhythmus intensiver, die männliche Hauptfigur ist zurück, umschwirrt von den Tänzerinnen, die mit ihren weiten Ärmeln den Flügelschlag der Vögel imitieren, bereit abzuheben, bis die Truppe am Schluss gemeinsam in akrobatischen Verrenkungen den Boden berührt und die Geschichte zu Ende erzählt ist. 

MYTHISCHE LEGENDEN 

Um den Ursprung des Nora-Tanzes ranken sich verschiedenste Legenden. Der Name ist eine Kurzform von Manohra, einer halb menschlichen, halb vogelartigen Prinzessin aus der Geschichte von Suthon und Manohra: Gemäß der Überlieferung war der junge Prinz Suthon sieben Jahre, sieben Monate und sieben Tage rastlos herumgereist, bis er in Manohra seine Geliebte fand. Nach ihr wurde der Tanz benannt. Eine andere populäre Legende erzählt die Geschichte der Prinzessin Nuan Tong Samli, Tochter von Lord Pattalung: Im Traum sah sie Engel tanzen und nach diesem Bild erschuf sie den Manohra-Tanz. Eindeutig ist jedenfalls, dass auch Einflüsse aus Südindien und Sri Lanka mit diesen traditionellen Darbietungen verwoben sind. 

Der authentische Nora-Tanz wird per Überlieferung innerhalb der Familien oder an Ausbildungs-Stätten vermittelt. So erklärt sich die Vielzahl an unterschiedlichen Überlieferungen und Inhalten. Mit dem Tanz werden einerseits tradierte Geschichten zur Unterhaltung erzählt, andererseits wird Nora aber auch als spirituelle Verbindung zu den Vorfahren und zur Geisterbeschwörung praktiziert. Je nach Anliegen kann ein Nora-Tanz auch privat ins Haus bestellt werden, um die guten Geister als Beschützer für die Bewohner anzurufen, oder auch, um Krankheiten mittels Beschwörung zu heilen. Schlimmstenfalls kann Nora aber auch einen Fluch und Unheil über Personen bringen. Bei der heutigen Fest-Vorführung waren aber sicher nur gute Geister anwesend – der einzigartige, mystische Tanz lässt noch lange die positiven Schwingungen und das wunderbare Erlebnis nachwirken.

KOMPAKT 

  • Anreise: Wien - Bangkok Nonstop-Flüge mit Austrian Airlines, Thai Airways und EVA Air; Inlandsflüge in den Süden z.B. mit Thai Smile nach Hat Yai oder Trang
  • Einreise: Österreichische Staatsbürger benötigen einen Reisepass, der mindestens noch sechs Monate gültig ist
  • Klima: Typisches Äquatorialklima, als beste Reisezeit für Thailands Süden gilt November bis März

HOTEL- & AUSFLUGsTIPPS 

Romantische Morgenstimmung  am Thale-Noi See  — Foto: Martha Steszl
Romantische Morgenstimmung am Thale-Noi See — Foto: Martha Steszl
  • Sri Pakpra Boutique Resort Phattalung: zauberhaftes ÖkoResort direkt am Thale Noi Lotusblumen-See & Naturschutzgebiet, idealer Ausgangspunkt für romantische Bootsfahrten, speziell zu Sonnenaufgang oder in der Abendstimmung 
  • Aava Resort & Spa Khanom: elegantes, kleines Boutique-Resort, umgeben von unberührter Natur, direkt am weiten, flach abfallenden Sandstrand 

 

  • Beide Hotels bieten auch Flughafen-Transfers von den nächstgelegenen Airports (Hat Yai, Trang oder Surat Thani) sowie organisierte Ausflüge in die Umgebung am, z.B. Nationalpark Khao Luang, Samet Chun Wasserfälle, Khao Kob Drachenhöhle, Tempelkomplex Wat Phra Mahatat, Bootsfahrten zu den rosa Delphinen und vorgelagerten Inseln, auch Thai Kochkurse werden organisiert. 
  • Moderne Nora Tanzvorführungen werden zum Teil auch in Hotels angeboten, traditionelles Nora findet z.B. beim jährlichen Nora Rong Kru Festival statt, das oft mehrere Tage und Nächte dauert. 
  • Südthailand, nahe der Grenze zu Malaysien, ist eine noch wenig bekannte Region, abseits der touristischen Hotspots wie Phuket oder Krabi. Hier findet man ein authentisches Thailand, mit interessanten Kulturschätzen, großartiger Natur und oft menschenleeren Stränden. 

Informationen: www.tourismusthailand.at