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Südtirol: Von Bauern, Brot und Osterhasen

Muss man wirklich wegfliegen, um einen schönen Urlaub zu erleben? Warum nicht einfach einmal das Auto bepacken und auf einen Bauernhof in den Bergen fahren? Sagen wir, in Südtirol? Skepsis bei der Familie, besonders bei meiner halbwüchsigen Tochter Lisa: Gibts dort WLAN? Von Tina Milacek

Skepsis immer noch, als ich den Prospekt vom „Roten Hahn“ vorlege, einem Zusammenschluss von Bauernhöfen in Südtirol, die Zimmer und Apartments vermieten. Verschiedene Arten von Bauernhöfen sind darin vertreten, Bio-, Wein- und Obsthöfe, Wellness-, Reit- und Wanderhöfe, historische und besonders familien- sowie auch hundefreundliche Anwesen.... und das ist die Trumpfkarte, die ich ausspiele: Da kann nämlich Fini mitkommen.

Hinauf auf die Alm

Aufgeregt wedelt unsere Mischlingshündin mit dem Schwanz – unkompliziert war die Anreise, warm das Willkommen, nun liegt Abenteuer in der Luft. Mit Anna Maria Fischnaller und Sepp Kofler, den Eigentümern des Peterwies-Hofs in Villnöss, geht es hinauf auf die Alm. Der Picknickkorb ist gefüllt mit Zutaten, um in der familieneigenen Hütte ein regionales Mittagessen zuzubereiten. Wir fahren ein Stück mit dem Auto und spazieren vom Parkplatz los.

Herrlich riecht es nach Wald, ein Bach plätschert, Kieselsteine knirschen unter unseren Wanderschuhen. Die Baumwipfel ragen hoch in den klaren Himmel. Nach einer guten Stunde treten wir aus einer Lichtung und sehen auch schon unser Ziel.

Höhe macht hungrig

Ein lauschiges Hüttchen ist es, geduckt unter mächtigen Gipfeln, mit traumhaftem Ausblick auf die Geislerspitzen. So einen klaren Kopf bekommt man hier in der Weite der Berge! Anna Maria stellt das Wasser auf und bereitet die Spinatknödel vor. Wir helfen alle mit, es wird Käse gerieben, Salat gewaschen, das Geschirr auf den Holztisch vor dem Haus getragen, um das selbst gekochte Mahl in der Frühlingssonne zu genießen. Sepp hat seinen Fernstecher ausgepackt und reicht ihn Lisa, die zunehmend interessiert nach den Namen der Gipfel fragt. Fini streckt sich glücklich unter der Bank aus, geschafft von den vielen Eindrücken und der guten Luft.

Süßes geht immer

Köstlich die Knödel. Fantastisch der Blick. Restlos zufrieden die Familie. Aufmerksam die Gastgeber. „Habt ihr noch Platz für eine Nachspeis'?“, fragt Anna Maria, und schon steht sie an der Rührschüssel, um „Schrauben“ zu machen. Der flüssige Teig, ähnlich dem für Palatschinken, rinnt durch einen Trichter spiralenförmig in eine Pfanne mit heißem Öl, in dem er herausgebacken wird. Nach dem Abtropfen wird das Gericht mit Staubzucker bestreut und mit Preiselbeermarmelade serviert, eine Spezialität der Region.

Brotbacken am Frötscherhof

Am nächsten Morgen geht es zum Frötscherhof in Brixen. Zwei bunte Enten begrüßen uns, als wir aus dem Auto steigen, als wollten sie uns den Weg zur Backstube weisen. Zum Glück haben wir Fini – noch erschöpft vom gestrigen Ausflug – im Apartment gelassen, da sie bestimmt mit dem Federvieh Unfug getrieben hätte. Auch hier ein traumhafter Blick auf die umliegenden Berge. Auch hier kristallklare Luft.

Alles eigener Anbau

Anna begrüßt uns munter und erklärt uns umgehend den Betrieb. Alle 14 Tage wird selbst gebacken. Sowohl Dinkel- als auch Roggen-Laibchen. Alles aus selbst angebautem Getreide. Auch Zimmer vermietet die Familie, die selbst für Allergiker geeignet sind. Hauseigene Produkte werden beim Frühstück kredenzt. Ein kleiner Hofladen, eine Sauna, ein Badeteich und ein Kellerstüberl runden das Anwesen ab. Dazu Ziegen, Enten, Hühner, Katzen, Hund Rico (der hätte Fini gefallen), ein gutes Dutzend Kühe, ein Stier, zehn Kälber.

16 Jahre schon führt das Eigentümerpaar den Familienbetrieb und freut sich, viele Stammgäste immer wieder zu sehen. Ein paar köstliche Laibchen werden uns für die Heimfahrt eingepackt.

Ein Lob dem Apfel

Zum Mittagessen finden wir uns im Villscheiderhof ein, der von Familie Hilpold bewirtschaftet wird und auf rund 8,5ha Land Äpfel produziert. Südtirol ist mit 950.000 Tonnen Äpfeln pro Jahr ein riesiges Obstanbaugebiet, verwöhnt von 300 Sonnentagen im Jahr. Der Hof liegt auf 700m Höhe inmitten eines Apfelgartens, dessen Bäume in voller Blüte stehen und einen weißen Teppich ringsum ausbreiten.

Nach einem guten Gläschen Wein zur Begrüßung tischt uns die Hausherrin weitere Südtiroler Spezialitäten auf: hausgemachte Teigtaschen, Kaminwurzen (geräucherte, luftgetrocknete Wurst) und Schlutzkrapfen. Vor lauter Essen können wir kaum noch aufstehen, aber stolz zeigen uns die Besitzer die Hofkellerei, das Lager und den Garten, in dem neben Äpfeln auch Wein angebaut wird.

Heubasteln im Feilerhof

Wir machen uns auf den Weg nach Klausen, unweit von unserem Bauernhof gelegen, wo wir zum Heubasteln angemeldet sind. Auch hier werden wir von zahlreichen Tieren begrüßt, bloß Mimi, die Hofkatze, räkelt sich in der Sonne und zeigt kein Interesse. Kinder mit Gummistiefeln und Stroh im Haar laufen herum – das haben sie wohl aus dem „Jugendkeller“, dem großen alten Schupfen, der zum Spielraum umfunktioniert, mit Heuballen angefüllt und einer Kletterwand bestückt wurde.

Vor dem Haus ist schon alles zum Basteln vorbereitet, getrocknetes Heu, Blumendraht und eine Heißklebepistole. Passend zu den Feiertagen, es sind Osterferien, bastelt meine Tochter einen Hasen mit lustigen Barthaaren, geschickt wickelt sie den Draht um das getrocknete Gras – schon ist das erste Ohr zu erkennen. Von WLAN ist übrigens keine Rede mehr, es gibt ja hier so viel zu tun. Der Hase kommt mit nach Hause, ebenso Apfelsaft, Speck und Marmelade, die wir im Hofladen erstehen.

Heimelige Wände

Richtig zu Hause fühlen wir uns schon bei den Koflers, in Anna Marias Elternhaus, in dessen alten Mauern moderne, gemütliche Apartments eingebaut wurden. An unserem letzten Abend machen wir es uns extra gemütlich. Ich schaue hinauf zu den Geislerspitzen, die sich in der Abendsonne rosa gefärbt haben. Darunter im Tal der Kirchenturm, der gerade zur vollen Stunde schlägt. Die Ferienwohnung ist groß genug, dass wir alle uns wohl fühlen, es gibt getrennte Schlafzimmer, eine Küche samt Geschirrspüler, alles da, was man braucht. Es klopft an der Tür. Anna Maria bringt uns eine Überraschung vorbei: selbstgebackene Bisquitroulade. Ein bisschen was Süßes geht immer.

Kompakt

Infos

Roter Hahn: Zusammenschluss von über 1.600 Bauernhöfen Südtirols, die sich zum Ziel gesetzt haben, bäuerliche Südtiroler Lebensart zu pflegen und ihren Gästen erlebbar zu machen, www.roterhahn.it/de

Peterwieshof in Villnöss: Bauernhof samt Almhütte mit vier Ferienwohnungen mit getrennten Schlafzimmern, Balkon, Dusche/Bad, SAT-TV, WLAN (also doch!), barrierefreier Einrichtung, Solarenergie, Grillmöglichkeit und Kinderspielplatz; herzhaftes Bauernfrühstück mit hofeigenen Produkten

Die Autorin war im April 2017 mit ihrer Familie auf dem Bauernhof Peterwieshof zu Gast und kann eine Auszeit im Villnösstal in Südtirol warm empfehlen. Schmerzlich war der Abschied, selbst Fini blickte lang aus dem Autofenster zurück. Aber ein Wiedersehen ist schon fix eingeplant, versprochen! (Und gebucht.)

Dieser Artikel wurde verfasst von:

Editor / Project Manager

Tina Milacek, seit 1997 in der Touristik und seit September 2015 Teil unseres Teams. Nach vielen Jahren im Reisebüro und bei Seetour Austria, ist sie nun bei uns im Verlag hauptsächlich für Amerika und Deutschland zuständig, aber auch aktiv im Anzeigenverkauf tätig. Ihr Lebensmotto: „Alles wird gut!“

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