Skip to Content

Klassiker und Kult: Fischbrötchen in Norddeutschland

Es hat alle Fastfood-Wellen überdauert und sich in Norddeutschland gegen Burger, Döner, Pizza & Co. behauptet: Das Fischbrötchen. Beliebt wie eh und je und einfach nicht totzukriegen. Verkoster: Wilfried Kropp

Fischbrötchen sind eine sehr einfache Mahlzeit: Knuspriges Brötchen (auf österreichisch: resche Semmel) aufschneiden, Fisch reinlegen, je nach Art ein paar Zwiebelringe oder Remoulade (auf österreichisch: Sauce Tartare) hinzufügen und zack, Deckel drauf, fertig. Fischbrötchen stilvoll zu essen, ist dagegen nicht so einfach. Ohne Kleckerei (auf österreichisch: Anpatzen) geht es praktisch nicht. Also: genügend Servietten mitnehmen.

Hamburger Dreiklang

Der Reiz besteht ja nicht darin, dass man satt wird. Es ist die ganze norddeutsche Szenerie, die den Genuss ausmacht. Hamburg hat gleich mehrere Hotspots für Fischbrötchen. Auf den Landungsbrücken die „Brücke 10“, direkt auf der Elbe, mit Blick auf die gegenüberliegende Werft. Fähren sausen vorbei, das trübe Elbwasser gluckert unter den Pontons. Dann die „Strandperle“ in Övelgönne, nur sechs Kilometer elbabwärts. Füße in den Sand stecken, vor den Ladekränen des Hafens Altenwerder die Drehmanöver der Container-Riesen beobachten, ein Astra in der linken, ein Fischbrötchen in der rechten Hand – Hamburger Dreiklang.

Und schließlich Sonntagmorgen auf dem Altonaer Fischmarkt. Hier hat die legendäre Heidi Meyer ihren Stand. Es geht laut und rummelig zu, aber Heidi bleibt immer gut gelaunt.

Krabben im Westen, Aal im Osten

Vor der Westküste Schleswig-Holsteins werden Krabben gefischt und meist an Ort und Stelle gekocht und gepult. Hier liegt die Stadt Husum. Bei Peter Carl am malerischen Husumer Hafen werden die Brötchen üppig mit frischen Krabben gefüllt – und nur so genießt man den typischen, leicht nussigen Geschmack. Köstlich! Kein Wunder: Bei Peter Carl sind die Krabbenbrötchen die teuerste, aber meist verkaufte Sorte. An der Ostseeküste dagegen wird viel geräuchert. In Kappeln beispielsweise, nicht weit von der Schlei-Mündung in die Ostsee, ist die Räucherei Friedrich Föh ein traditionsreicher Betrieb, dessen Aalbrötchen sehr gelobt werden.

Salatblatt-Fraktion

Trotz aller Schlichtheit: Kenner wissen, worauf es ankommt. Der Matjes - mal mit Lorbeer und Zimt gewürzt, die Fischfrikadelle (nein, es heißt nicht Frischfikadelle!) mit zerkleinertem Kabeljau muss mit Zwiebeln und Kräutern hergestellt sein; nur frisch schmeckt der Backfisch mit knuspriger Panade und die geräucherten Fische sollten noch warm sein. Und dann gibt es noch den Expertenstreit: Salatblatt oder nicht? Der Sylter Multi-Gastronom Jürgen Gosch gehört zu den Puristen: „Salatblatt? Auf keinen Fall. Da wird das Brötchen nur matschig.“ Die Gegner argumentieren: „Im Gegenteil, ein trockenes Salatblatt verhindert, dass die natürliche Feuchtigkeit des Fischs in das Brötchen eindringt.“ Und noch eine Streitfrage: kaltes oder angewärmtes Brötchen? Das kalte Brötchen passt besser zu den gekühlten Einlagen wie Matjes, Lachs und Krabben. Backfisch, Fischfrikadellen und frisch geräucherter Fisch schmecken besser in angewärmten Brötchen.

Frisch oder gar nicht

Abgesehen von diesen weltbewegenden Fragen gibt es eigentlich nur einen Punkt, auf den Käufer wirklich achten sollten: Fischbrötchen sollten frisch, am besten vor den Augen des Käufers, zubereitet werden. Akzeptabel sind auch Verkaufsstände, die für Spitzenzeiten ein paar Brötchen für den schnellen Verkauf vorbereiten. Nicht akzeptabel sind Fischbrötchen, die stundenlang in einer Kühltheke auf Käufer warten. Mittlerweile haben sich auch Sterneköche auf die eigentlich etwas derbe Spezialität eingelassen. Dirk Luther (Meierei in Glücksburg, 2 Michelin-Sterne) belegt ein Fischbrötchen dekorativ mit Stremellachs und Hüttenkäse. Seine Sterne-Kollegen wie etwa Thomas Martin vom Jacobs Restaurant (Hamburg) spielen auch mal mit Laugen-, Kartoffel- oder Mohnbrötchen und verwenden selbstgemachte Walnussmayonnaise statt Remoulade. Fischbrötchen de luxe – späte Karriere eines norddeutschen Klassikers.

KOMPAKT

Fischbrötchen werden überall an der deutschen Nords- und Ostseeküste und auch im angrenzenden Binnenland angeboten. Der Aufbau ist einfach: Eine resche Semmel aufschneiden, Fisch in die Mitte – und je nach Fisch nur ein paar Zwiebelringe oder Sauce Tartare (Remoulade) dazu. Das sind die häufigsten Varianten:
Matjes nordische Art
Kräutermatjes
Sherrymatjes
Aalrauchmatjes
Räucherlachs
Stremellachs
Gravadlachs
Lachsforelle
Nordseekrabben
Räucherrollmops
Bismarck-Hering
Aal-Filet
Backfisch
Brathering
Makrelenfilet
Fischfrikadellen
Schillerlocken
Butterfisch
Forellenfilet
Sprotten

Dieser Artikel wurde verfasst von:

Freie Journalistin

Christiane Reitshammer war von 2003 bis 2012 Teil des Redaktionsteams. Nun ist sie als freie Journalistin gerne für „tip“ und „reisetipps“ unterwegs und sucht für reisetipps.cc die besten Tipps heraus.

Der Artikel hat Ihnen gefallen?
Wir freuen uns, wenn sie diesen teilen!

WEITERE blog ARTIKEL

Tapas in Spanien — Foto: lunamarina / shutterstock

blog • September 2023

Unsere Liebsten... Speisen auf Reisen

blog • November 2022

Traditionen, Folklore, Wein und Schnaps in Mähren

blog • Oktober 2022

Sonne tanken im Herbst von Opatija

Weitere blog Artikel